Medzinárodné súvislosti slovenskej otázky 1927/1936 – 1940/1944
Internationale Zusamenhänge der
Slowakische Frage 1927–1944. Aussländische
Dokumente. Zusammenfassung
In ihrer Konzeption ist die vorliegende Arbeit eine kommentierte flächenhafte Präsentation meiner Erforschung ausländischer Dokumente insbesondere in Archiven und dann in Editionen, und zwar vor allem ungarischer Dokumente über Außenpolitik im Vergleich mit anderen ausländischen Quellen (der Teile, die die slowakische Frage betreffen bzw. in einer zusammenfassenden Verallgemeinerung und seltener auch in extenso) in der Krisenzeit der Jahre 1927/1936–1940/1943. Diese Periodisierung im ersten und letzten Kapitel sowie in den Anmerkungen überschreite ich in dem breiteren Zeitabschnitt auch funktionell in dem Bemühen, die Genese und Kontinuität der Entwicklung der Problematik dar-zustellen: 1927–1943, bzw. 1944.
Ich vergleiche die Themen – in Dokumenten aus ungarischen Archiven und Editionen zur slowakischen Frage auch mit Dokumenten aus meiner Forschung in den Archiven Bonn, Koblenz, Wien, Bukarest und Prag und verwende auch die dortigen grundlegenden und neuesten Editionen der Dokumente. Die Bedeutung der slowakischen Frage, wie es der deutsche Gesandte in Prag in dem zitierten Dokument formulierte, bestand gegenüber anderen unzufriede-nen Nationalitäten darin, dass sie ein neuralgischer Punkt der Zwischenkriegs-ČSR war und auch die Existenz des Staates selbst betraf. Darin liegt auch die Bedeutung des Themas dieser Arbeit.
1936
Im ersten Teil des Kapitels Predchádzajúce súvislosti [Vorausgehende Zusammen-hänge] bringe ich eine Auswahl der interessantesten ausländischen Dokumente zum Thema aus den Jahren 1927–1935. In der Absicht, die in der Arbeit behandel-te slowakische Frage in einen Zusammenhang mit der vorausgehenden und nach-
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folgenden Entwicklung der internationalen Zusammenhänge zu stellen, führe ich auch eine Auswahl charakteristischer ausländischer Dokumente aus meiner Forschung in den zurückliegenden Jahren an. Meilensteine der Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit für die ungelöste slowakische Frage gibt es bereits: die Rothermere-Aktion im Jahr 1927 und die nachfolgende antirevisio-nistische Bewegung in der ČSR besonders in der Slowakei. Danach geht es vor allem um die Genese der Ereignisse des Hochverratsprozesses gegen Tuka 1929 mit seiner Vorgeschichte und anschließendem Einfluss.
Die Dokumente bezeugen, dass es um einen Meilenstein in der slowakischen national-emanzipatorischen Entwicklung geht. Es handelte sich dabei nicht nur um Tuka und die Pazifizierung der autonomistischen Opposition und der Volkspartei allgemein, sondern auch um eine mögliche Wende in der Entwick-lung der slowakischen Frage. Die Lethargie in der Emanzipationsbewegung aber wurde durch die Ereignisse um die Pribina-Feierlichkeiten in Nitra 1933 fortge-spült, die so die Renaissance des Autonomismus in der Entwicklung der slowa-kischen Frage nach der Dämpfung infolge des politischen Prozesses gegen Tuka bilden. Das wichtigste Dokument dazu ist das 91 Seiten umfassende Elaborat der österreichischen Diplomatie. Zusammen mit einigen unerwarteten Erfolgen der internationalen Aktivitäten der politischen separatistischen Emigration und autonomistischen amerikanischen Slowaken rufen sie die slowakische Frage er-neut in das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit.
Ein ungarischer Diplomat schrieb damals: Hlinka ist der Einzige, der die Massen zu fanatisieren vermag, wie die Ereignisse in Nitra gezeigt haben. Das höhere Prinzip der Philosophie der Emanzipationsbewegung formulierte Hlinka präzis in dem Aufruf an Orol vom April 1938: Das Volk ist mehr als der Staat! Es geht um das Verwachsen der autonomistischen und separatistischen Richtung in der slowakischen Emanzipationspolitik, die im Laufe der 30er Jahre bis in die Krisenjahre anstieg, die als systematische Forschung den Hauptgegenstand meiner Arbeit bilden.
Im Kapitel über internationale Zusammenhänge der slowakischen Frage in der Entwicklung des Jahres 1936 interessieren auch Themenkreise um die Bestrebungen, die Persönlichkeit des radikalen Autonomisten, des Abgeordneten K. Sidor in seiner Orientierung an Polen zu diskreditieren und ebenso die bedeut-samen internationalen Aktivitäten der slowakischen politischen Emigration, die zwar zur unpassenden Zeit und mit unpassenden Verbündeten, aber dennoch die Kontinuität der internationalen Aktualisierung der slowakischen Frage erreich-te. In dieser Hinsicht war der Vortrag von Prof. Dr. J. Jehlička an der Universität in München und sein Anklang ein kulturpolitisches Ereignis. Dokumente be-zeugen, dass Prag durch diese Internationalisierung der slowakischen Frage beunruhigt war. Die österreichische Diplomatie in Washington bereitete auch
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ein Material vor, dass G. Košík, der auch in den Präsidentenwahlen in den USA aktiv und ein ernsthafter Kandidat für den Posten des Gesandten in Wien war, sich an die Spitze der slowakischen separatistischen Aktion der Emigration in Europa stellen soll.
Zahlreiche Materialien erfassen das erstarkende Interesse Polens für die Entwicklung in der Slowakei und sein Bemühen, zusammen mit Budapest und den ungarischen Minderheitspolitikern die Volksparteiler von dem Einstieg in die Regierung abzuhalten. Die rumänische Diplomatie beweist in mehreren tief-gehenden Analysen, dass die slowakische Frage ein neuralgischer Punkt der Existenz der ČSR ist.
Besuche ungarischer Staatsmänner in Deutschland, Italien und Warschau bedeuteten auch die Koordinierung der revisionistischen Pläne gegenüber der ČSR und damit auch der Slowakei.
1937
In diesem Kapitel erfahren wir mehr über die Evolution und Erstarkung der Aktivitäten der proungarischen Emigration und ihrer internationalen Zusammenhänge mit Jehlička, Unger, Dvorčák an der Spitze. Auch bei den ame-rikanischen Slowaken gewann die proungarische Konzeption nicht nur durch die Gründung der Wochenzeitung Samostatnosť [Selbständigkeit], sondern auch durch die Korrumpierung des karrieristischen Journalisten G. Košík, einer be-deutenden jedoch umstrittenen Persönlichkeit, der sich mit seiner aktuellen Rolle nicht abfinden konnte, nach der Rolle, die er in der tschechoslowakischen nationalen Befreiungsbewegung im Ersten Weltkrieg gespielt hatte. Dennoch war die unerwartete ungarnfreundliche Orientierung keine innere Überzeugung bei ihm, es ging ihm nur ums Geld, letztlich so wie allen Emigranten, sie übertrieben die Ungarnfreundlichkeit, um möglichst höhere Subventionen für ihre Existenz zu erhalten. Košík vermochte neben Jehlička aus Budapest das meiste Geld für seine politische Tätigkeit wie für sein persönliches Wohl herauszuholen. Es sind auch internationale Aktivitäten der Vertreter der magyarischen Minderheit zu verzeichnen, wie die Entsendung G. Szüllös durch Budapest Anfang Januar 1937 nach Rom und in den Vatikan, um „die ungarischen Forderungen zu erklären.“
Im Kontext der Aggressionspläne Hitlers intensiviert sich auch die Radi-kalisierung der Politik der Sudetendeutschen und als neue historische Erschei-nung treten Bemühungen um ihre Zusammenarbeit nicht nur mit den ungari-schen Parteien, sondern auch den Anhängern der Politik Hlinkas auf.
Bedeutender wurden auch die von Budapest finanzierten Aktivitäten des Slowakischen Rates in Genf durch seine Memoranden und Publikationen auch gegenüber dem Völkerbund. Prag drängte die Regierung der Schweiz zum Verbot
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seiner Tätigkeit. Zahlreich sind die Materialien über die Reisen Jehličkas und Dvorčáks zu Verhandlungen im Namen des Slowakischen Rates in Rom, Berlin und Warschau. Schließlich beunruhigt auch Jehličkas Auftreten in London.
Aufmerksamkeit riefen in den Meldungen der Diplomaten auch die Geheim-aktivitäten des autonomistisch orientierten Volkswirts Milan Frič hervor, der schon in der vorangegangenen Periode Subventionen aus Budapest, Deutschland und Polen erhielt und diesmal auch den Versuch der Gründung einer neuen au-tonomistischen Partei unternahm.
Es wiederholen sich auch Meldungen, dass der Abgeordnete J. Tiso stark radikalisiert von den amerikanischen Slowaken zurückgekehrt sei, wohin er mit einer Delegation des Sct. Adalbert-Vereins gereist war. Zudem soll er auch die Zusage von Subventionen erhalten haben, obwohl man ihn vorher häufiger als Benešs Intimus bezeichnet hatte – im Gegensatz zum radikalen Sidor. Ein Ereignis war die unvollständige Begnadigung Tukas, was die Volksparteiler Prag näherbrachte, dazu publiziere ich mehrere Dokumente.
Die Krise in Rázus Slowakischer Nationalpartei, die unter dem starken auch Korruptionsdruck Hodžas stand, weckt die Aufmerksamkeit sowohl der ungari-schen Diplomaten als auch der Polen, die sie ebenfalls subventionierten.
Infolge des wachsenden aggressiven Drucks gegen die ČSR tauchen häufiger Berichte über die Kompromissbereitschaft in der Nationalitätenfrage und auch für territoriale Zugeständnisse selbst an Ungarn auf.
Der politische Prozess gegen K. Sidor, den viele als Analogie des Hoch ver-ratsprozesses gegen Tuka ansahen, weckte auch eine beachtliche Aufmerks-amkeit der internationalen Diplomatie, wie aus den publizierten Dokumenten ersichtlich ist. Die Angelegenheit endete aber mit dem Triumph Sidors und dem Anstieg seines politischen Prestiges. In diesem Kontext wird auch die Reise Hlinkas und Sidors nach Polen bewertet. Die Feierlichkeiten zum Jahrestag der Ereignisse in Černová waren auf der aufsteigenden Linie der autonomistischen Bewegung.
Ein bestimmtes Gewicht hatten für die Internationalisierung der slowaki schen Frage auch die politischen Missionen von G. Košík und seine Verhandlungen mit Politikern in Europas Metropolen, allerdings finanzierte Budapest seine Reisen und die ungarischen Botschaften organisierten die Empfänge. Budapest investier-te in Košík auch durch den Kauf einer Druckerei für seine Zeitung.
Die Radikalisierungstendenzen in der autonomistischen Politik spiegelten sich in den Verhandlungen des Redakteurs (Malers) Ilečko in Warschau mit pol-nischen Funktionären, aber auch mit dem ungarischen Gesandten wider, wo er eine aktive proungarische Gruppe vertrat, jedoch eine Änderung der Politik Budapests im Hinblick auf Projekte einer Föderation mit den Slowaken verlan-gte. Der höchste Ausdruck der emanzipatorischen autonomistischen Politik war jedoch die radikale Ansprache des Abgeordneten Sidor im Parlament
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Ende Dezember 1937, der in der internationalen Historiographie zitiert ist und Empörung in Prag auslöste. Aus den durch die deutsche Spionage gewonne-nen Materialien wurde jedoch auch bei dieser Gelegenheit bewiesen, dass Sidor in Prag einen geheimen Verfügungsfonds besaß, mit dem ihm der Präsident und seine Umgebung, trotz seines verbalen Radikalismus, Vertrauen bewiesen. In diesem Zusammenhang kommt mir die Formulierung eines ungarischen Diplomaten in den Sinn: Scheinradikalismus.
1938
Bei der Verallgemeinerung der neuen Erkenntnisse aus den publizierten Do-kumenten von 1938 in der Arbeit kann man zusammenfassen, dass:
An erster Stelle die Problematik der Lösungsalternativen für die slowakische Frage während der sich vertiefenden Krise auftaucht. Wenn es in der ersten Hälfte des Jahres noch um eine anfangs gemäßigtere später radikalere Lösungen der Autonomie der Slowakei im Rahmen des Staates geht, tauchen in der zwei-ten Jahreshälfte im Hinblick auf die Vertiefung der Krise, die Vormünchener Zeit auch separate Lösungen auf. In diesem Kontext wurde zu einem internationalen Ereignis die Affäre um die Reise einer Delegation amerikanischer Slowaken in die Slowakei zum Jahrestag des Pittsburger Vertrags in Polen. Man war bemüht in Warschau, daraus eine Manifestation für die Idee der selbständigen Slowakei zu machen. Neue Erkenntnisse bringen auch bislang unbekannte Dokumente – über das Scheitern einer Geheimmission des Vorsitzenden der Slowakischen Liga in Amerika, Hletko, in Budapest zu Verhandlungen mit Regierungsstellen über die Autonomie der Slowakei.
Häufiger werden alternative Lösungen für die Geschicke der Slowakei auch außerhalb des gegebenen Staates aufgetischt und schließlich auch die Frage der Selbständigkeit, die jedoch vor allem aus den Interessen Deutschlands re-sultierte und dann auch in der Jehlička-Interpretation als Deckmantel für den Anschluss der Slowakei an Ungarn diente. Die polnische Konzeption selbst be-züglich der Slowakei mündete mit ihrer Zwiespältigkeit zwischen proungari-scher Lösung und Selbständigkeit, schließlich in einer Sackgasse.
Vor allem von polnischer Seite aus wird häufiger auch die Frage der Autonomie der Slowakei in Ungarn aufgeworfen, wozu Budapest – zögerlich – an Warschau bestimmte Zusagen sendet, allerdings ohne verbindlichen Standpunkt. Darauf waren auch die slowakischen Autonomisten – zum Äußersten getrieben – bereit einzugehen, im Falle der aktuellen Drohung der Alternative einer Aufteilung der Slowakei. In der modernen Fachliteratur ist allerdings die Meinung vorherr-schend, dass das innenpolitische Milieu in Ungarn auf eine solche Alternative nicht vorbereitet war. Lediglich, wenn dafür internationale Garantien gegeben würden, was aber Budapest an Warschau ausdrücklich ablehnte. In diesen
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Zusammenhängen ist auch das odiöse Dokument der Führung der Volkspartei das Protokoll zu sehen (in der ungarischen Literatur als Tiso-Protokoll bezeichnet) mit 3 Bedingungen – für die Zustimmung zur Autonomie der Slowakei in Ungarn. Das einseitige Dokument ist in zahlreichen Exemplaren im ungarischen Archiv der Verhandlungen von Komarno erhalten.
Zur Zeit Münchens wird auch die Zusammenarbeit der Henleinisten und Hlinka-Anhänger häufiger diskutiert. Ich präsentiere hier sogar auch direkte Befehle aus Berlin für radikalere Auftritte der Volkspartei gegenüber Prag. Damals widersetzte sich Sidor aber erstmals den deutschen Befehlen. Und es ging nur ein gemäßigtes Kommuniqué auf der Basis der Autonomie in der Republik daraus hervor.
Nach München gelangt auf die Tagesordnung auch die Realisierung der Autonomie der Slowakei und der Aufbau der sog. 3. Republik. Neue Dokumente bringen eine Reihe bemerkenswerter Erkenntnisse zu den bewegten Ereignissen. In Berlin und Warschau hätte man den Übergang von der Autonomie zur Selbständigkeit gerne gesehen, aber zu Hause erhält er eine deutlichere Unterstützung vor allem in Jugendkreisen.
In dieser Periode demaskiert sich auch schon das Gesicht der proungarischen Emigration, die überwiegend nur als Spezialisten der Regierung in Budapest für die slowakische Frage auftritt und nicht mehr als alternative Richtung slo-wakischer Emanzipationspolitik. Für eine günstigere Lösung der slowakischen Frage spielt sie eine ausgesprochen negative Rolle, besonders Jehlička in London. Von den Resten des slowakischen Patriotismus, der noch in den 20er Jahren sich hauptsächlich bei Unger äußerte, war schon nichts mehr übriggeblieben... In der Vormünchener Zeit waren besonders die Aktivitäten von Jehlička für die Slowakei sehr gefährlich. Das betrifft z. B. vor allem Jehličkas perfide Konzeption in der Vorbereitung des Wiener Schiedsspruchs, der Slowakei möglichst viele Städte zu nehmen, weil das slowakische Volk in die Städte strebt.
Die separatistische Emigration orientiert sich schon eindeutig auf den Anschluss der Slowakei an Ungarn und bei der Entstehung der selbstän-digen Slowakei später verlor sich die Alternative, die unter dem Druck Nazi-deutschlands dann in Kroation eintrat, nämlich, dass die Emigration die führen-den Machtstrukturen in dem neuen National- und Satellitenstaat übernahm.
In den publizierten Dokumenten taucht auch die Frage der ausländi-schen Verbindungen der Vertreter der slowakischen Emanzipations- und Oppositionspolitik: Tuka, Sidor, Frič, Hlinka, Hletko, Košík, Bazovský u. a. und die Annahme geheimer Subventionen nicht nur aus Prag, sondern auch aus Warschau, Budapest, Berlin, Rom auf. Die Emanzipationspolitik ist aber nicht machbar ohne Finanzen, und da die Opposition über keine Regierungsfonds ver-fügte, war sie gezwungen, sich um Hilfe ans Ausland zu wenden, was sie a priori nicht von der Position der slowakischen nationalen Idee abbringen musste.
KAPITOLA 7
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Interessant sind auch neue Auslandsdokumente hinsichtlich der Kalkulatio-nen der territorialen Veränderungen vor allem bezüglich der Verhandlungen in Komarno und des Wiener Schiedsspruchs.
In diesem Kontext sind bedeutsame Aktivitäten der Vertreter der ungari-schen Minderheit im Ausland etwa die Mission von Szüllö im Januar 1937 und dann am 13. 10. 1938 der Empfang bei Ciano mit Landkarten der territorialen Forderungen auch an Bratislava, Košice und Užhorod als strategischen Punkten, außerdem die Verhandlungen Eszterházys kurz vor dem Schiedsgericht in Rom mit Ciano und davor Eszterházys Gespräch in Warschau mit Beck u.a. In die-sem Prozess spielte J. Eszterházy eine wichtige Rolle, ich unterbreite hier viele seiner Dokumente. In den Gesprächen mit den Autonomisten, durch die enge Beziehung zu Sidor, trat er als Freund der Slowaken auf und konnte dann nach Budapest effektive Suggestionen senden. Seine Meldungen an Budapest ge-hören zweifellos zu den hochwertigsten Materialien. Eszterházys Erfolg in der Beeinflussung der Volksparteiler, wie er direkt anführt, war auch die Bildung einer Einheitsfront der Minderheiten – auch zwecks ihrer Diskreditierung in Prag, um ihren Einstieg in die Regierung zu verhindern.
Aus der Vorgeschichte – des Schiedsgerichts – der Verhandlungen in Komárno – verweisen ausländische Dokumente auf die naiven Hoffnungen Bratislavas auch wenn ein anfänglicher Widerstand Deutschlands zu verzeich-nen ist, nicht nur bezüglich des Schiedsgerichts, sondern auch der maximalen territorialen Verluste der Slowakei (als potentielles Einflussgebiet des Reiches), aber schließlich gab Ribbentrop dem Druck Cianos wegen der höheren Interessen der expansiven Politik Berlins nach.
1939
Die wichtigsten Themenkreise in diesem Kapitel werden zweifellos viele bislang
unveröffentlichte geheime und unbekannte Materialien rumänischer, deutscher, und ungarischer Provenienz zur Geschichte und unmittelbaren Vorgeschichte der Entstehung des Slowakischen Staates im März 1939 und über die Tage der Okkupation Tschechiens sein. Sie liefern künftigen Interpretationsarbeiten der Historiker ein plastischeres Bild der Ereignisse und auch über Nuancen ermögli-chen sie neue Bewertungen. Viele Male wurde schon über diese dramatischen Tage geschrieben und die jetzt vorgelegten Auslandsdokumente ergänzen aufs neue diese mosaikartige Geschichte.
Es handelt sich um eine der dramatischsten Perioden unserer Geschichte. Die Zerschlagung der Tschecho-Slowakei, die Gründung des Slowakischen Staates, der Einfall Ungarns in der Ostslowakei, bei der Okkupation der Karpatoukraine und der Einfall in Polen. Die Frühjahrs- und Herbstkrise des Jahres 1939 füllt also die reiche Berichterstattung der Regierungsarchive in Budapest, Bukarest, Berlin
Zusammenfassung 435
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und Prag auch über die slowakische Frage. In der Politik Deutschlands stellen die slowakische Frage und das Interesse an der Selbständigkeit der Slowakei zunächst ein Instrument für die innere Zersetzung und dann die Zerschlagung der Tschecho-Slowakei und dann auch ihre Teilokkupation sowie als Objekt des Handels mit dem verstümmelten Territorium der Slowakei dar.
Aufmerksamkeit wecken in den Dokumenten auch die statarialen Verhält-nisse der besetzten Südslowakei und die Maßnahmen auf der Basis der Rezi-prozität in der Slowakei sowie die zunehmende slowakische revisionistische Propaganda. Aber der Schlüssel zu den ungarisch-slowakischen Beziehungen war in Berlin, schrieben die ungarischen Diplomaten und Eszterházy in ihren besten Meldungen.
Nach wie vor sind vier Richtungen für die Lösung der slowakischen Frage im internationalen Geschehen im Spiel, wie wir sie in einem von Hitler konzipier-ten Dokument sehen. Aber auch unter dem Druck Deutschlands und infolge der sich radikalisierenden Politik der Volkspartei spielt die Zeit nicht zugun-sten der protschechischen und propolnischen Konzeption der slowakischen Autonomie. Obwohl von polnischer Seite noch ein Versuch unternommen wur-de, die prodeutsche Orientierung der Slowakei abzuwenden (Unterredungen in Tešín und Ružomberok), war ein großes Handicap der polnischen Konzeption die inadäquate territoriale Expansion Polens auf dem Gebiet der Slowakei infolge Münchens sowie die sich über Polen zusammenziehenden Wolken seitens der aggressiven Pläne Deutschlands.
Die ungarische Konzeption für die Lösung der slowakischen Frage auch infolge der aktuellen Großmachtkombinationen der deutschen Politik gerät schrittweise in den Hintergrund, dennoch hörte Berlin nicht auf mit dem Köder Slowakei in seiner Politik gegenüber Budapest zu spielen, wie das auch rumä-nische Quellen belegen und die polnische Presse öffentlich schrieb.
Die Entwicklung zeigte, dass der sog. Schutz Nazideutschlands für die Slo-wakei zum einen eine Teilokkupation der Slowakei bedeutete – Záhorie und Kleine Karpaten, obwohl in der internationalen Historiographie bis zum Diktat von Salzburg noch von einer relativen Selbständigkeit des Staates gesprochen wird. Auf den Druck aus Berlin hin musste Sidor 18. 4. 1939 als Innenminister abtreten und es folgte seine Entfernung aus der Innenpolitik als Gesandter für den Vatikan. Regierungsstellen des Dritten Reiches hielten die Slowakei trotz der unterzeichneten Verträge für ein handelbares Territorium, wie auch der sog. Kleine Krieg durch die Aggression Ungarns in der Ostslowakei zeigte, als Berlin offensichtlich auch seine aus dem Schutzvertrag folgenden Verpflichtungen ver-letzte.
Hitler äußerte sich bei dem Empfang Csákys am 8. 8. 1939 jedoch klar und deutlich: persönlich sei ihm das Schicksal der Slowakei völlig egal...
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1940
Die Dominante sind in diesem Kapitel die Ereignisse aus der Vorgeschichte und den Folgen des sogenannten Diktats Deutschlands über die Slowakei – in den Verhandlungen in Salzburg am 28. Juli 1940, die eine völlige Unterwerfung des Staates in der Außenpolitik bedeuteten und durch die Machteinsetzung des radikalen pronazistischen Tuka-Flügels auch in der Innenpolitik der Slowakei, und die deutsche Presse schreibt bereits von einem Vasallenstaat.
Auch in der Innenpolitik äußert sich dann die systematische Penetration Deutschlands. Ausgewählte Dokumente über Audienzen Tukas in Berlin de-monstrieren den hohen Grad des Vasallentums, des Servilismus und sogar seine totalen Lügen über die Stimmungen in der Slowakei gegenüber dem Nazismus und dem Dritten Reich. Nach Salzburg wurden auch Ďurčanský und andere entfernt, wofür es Dokumente aus ausländischen Archiven gibt. Man muss gerechterweise anführen, dass Tuka in den Jahren 1940–1942 dem Drängen Ribbentrops, Sidor aus dem Vatikan abzuberufen und ihn vielleicht auch ein-zusperren, nicht nachgab.
Ich glaube, dass ich die Zeit der autonomen Slowakei und die ersten Jahre des slowakischen Staates ohne Schönfärberei, aber auch ohne Anschwärzung dar-gestellt habe, einfach so wie mir das die erworbenen ausländischen Dokumente diktierten. Bei ihrer Einordnung entschied lediglich die Wichtigkeit. Dabei habe ich auch meine persönliche Erfahrungen eingebracht: Auf wissenschaftlichen Konferenzen zumeist in Deutschland habe ich nicht selten die Ansicht gehört, dass ohne den slowakischen Kriegsstaat es vielleicht auch die jetzige demokra-tische selbständige Slowakei nicht gäbe und meinten damit den Untergang oder die Transformation von Ideen in der geschichtlichen Entwicklung...
Die ungarische Konzeption rückt auch im Schlusskapitel immer mehr in den Hintergrund, wird aber vom Ausland latent aktualisiert (Košík bei den ame-rikanischen Slowaken – für eine mitteleuropäische Föderation mit einer autonomen Slowakei), denn Deutschland manövrierte, bis zur Okkupation Ungarns mit dem Versprechen des Anschlusses der Slowakei. So wie das auch bei einem Besuch Ribbentrops in Budapest 1942 der Fall war, – dass darüber bei der Endordnung des Neuen Europa – nach Kriegsende – entschieden werde. Aber auch im Laufe dieses Krisenjahres gab es dafür nicht wenig Indizien. Sogar der slowakische Gesandte in Berlin verlangte mehrfach ein Dementi Berlins, dass die Slowakei nicht nur Handelsobjekt für Deutschland sei.
Im vorherigen und in diesem Kapitel gehören mit zu den interessantesten die Dokumente des ungarischen Gesandten Apor im Vatikan über die Gespräche mit Sidor und dessen Ansichten. Das wird ein Beitrag für neue Erkenntnisse in der Historiographie sein.
Es intensiviert sich auch die Aufmerksamkeit für die tschechoslowakische Aktion im Ausland und ihre Haltungen zur slowakischen Frage auch am
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Beispiel der Streitigkeiten Beneš-Hodža, Osuský. In der proungarischen Aktion wird Košík zu einer zentralen Figur, der sich hauptsächlich auf die Propaganda gegen Beneš richtet. Hier begegnen wir auch Konstruktionen über geheime Verbindungen Tisos oder Ďurčanskýs zu Beneš, und dieses Misstrauen gege-nüber der Slowakei in Berlin wurde vor allem durch die ungarische Diplomatie forciert. Eszterházys Aktivitäten in den schriftlichen Meldungen und bei per-sönlicher Berichterstattung in Budapest über die Lage in der Slowakei sowie über Gespräche mit Vertretern in der Slowakei sind qualitativ hochwertigere Dokumente.
Es steigert sich auch die slowakische revisionistische Aktion in den Hoff-nungen der Regierung Tuka, dass die Slowakei eine Korrektur der Grenzen an-lässlich des 2. Wiener Schiedsgerichts erwirken kann.
Im letzten Kapitel veröffentliche ich auch eine kurze Auswahl ausländischer Dokumenten aus meiner Forschung auch in den Jahren 1941–1943 und ein aus den Jahr 1944.
In den Anhängen des Kapitels bringe ich eine Auswahl einiger anschließender Zusammenhänge der Problematik der slowakischen Frage. Wichtig sind in extenso die Übersetzungen einiger deutscher Originaldokumente auch über die inne-re Entwicklung der Slowakei, im Zusammenhang mit dem Salzburger Diktat und seinen Folgen. Bislang unbekannte Einschätzungen der rumänischen Diplomatie sind ein spezieller Beitrag. Sie liefern ein reales Bild der Situation einer uninteressierten dritten Seite und besonders wertvoll ist das Dokument von 1943, das eine konzeptionelle Betrachtung der Aktivitäten der tschecho-slowakischen Emigration auch hinsichtlich der slowakischen Frage liefert, vor allem in der Durchsetzung zweier Konzeptionen: der mitteleuropäischen von Hodža und der sog. roten Linie von Beneš.
Ich widme mich auch den Annäherungs- und Solidaritätsbestrebungen im Hinblick auf die Koordinierung der revisionistischen Aktivität Rumäniens, der Slowakei und Kroatiens gegenüber Ungarn, der sog. Kleinen Entente, für die Rückgabe der okkupierten Gebiete, die für Beunruhigung in Budapest, Berlin und Rom sorgten.